Neulich habe ich bei Instagram einen Post mit folgendem Satz gefunden: Als Kind liebte ich Zoos, weil ich Tiere liebe. Heute hasse ich Zoos, weil ich Tiere liebe. Als hätte mir jemand aus der Seele gesprochen.
Als wir in der neunten Klasse ein Praktikum machen mussten, verbrachte ich eine Woche lang im Karlsruher Zoo und kümmerte mich um Äffchen, Papageien und Kängurus. Ich genoss die Zeit, denn ich fand Zoos toll. Klar dachte ich manchmal, dass die Tiere echt wenig Platz hatten, aber der nette Pfleger erklärte mir, dass ihnen das nichts ausmache. Außerdem sei es wichtig, Zoos zu haben – wegen dem Artenschutz. Also alles zu rechtfertigen.
Heute weiß ich: Das stimmt nicht so ganz.
Ich bin immer wieder positiv überrascht von Leuten, die sich sonst eher weniger für Tierschutz interessieren: Viele haben schon erkannt, dass der eigene Spaß es nicht rechtfertigt, Tiere einzusperren. Andere wiederum besuchen Zoos regelmäßig, vor allem wenn sie Kinder haben. Sie möchten ihren Kindern ermöglichen, exotische Tiere zu sehen, die sie sonst nirgends sehen können. Klar, für Kinder ist das aufregend und super interessant.
Denkt man sich jedoch tiefer in das Thema hinein, ist sogar dieser Pro-Punkt ein Kontra-Punkt. Für die bessere Übersicht pack ich ihn und die weiteren wichtigsten Gründe, aus denen jeder Tierfreund Zoos meiden sollte, in eine Liste. Los geht’s:
1. Was Kinder im Zoo lernen
Was Kinder in Zoos vorrangig lernen, ist nicht das Verhalten der Tiere, sondern wie Tiere in unserer Gesellschaft behandelt werden dürfen. Das Wenige, das sie über Tiere lernen, rechtfertigt nicht deren Eingesperrtsein.
Was Tiere ausmacht, welche Bedürfnisse sie haben, wie sie ihr Leben unter normalen Umständen leben: All das können Zoos nicht zeigen. Tiger etwa schleichen sich bis auf 50 Meter an ihre Beute heran und gehen dann mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 Kilometer pro Stunde auf sie los. Wie sollen sie das in einem Zoo bewerkstelligen? Menschenaffen leben in freier Natur in Gebieten, die mehrere (manchmal sogar über 50) Quadratkilometer groß sind. Niemals könnten Zoos ihnen einen vergleichbaren Lebensraum bieten.
Die Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Kaum ein Tier kann in einem Zoo seine natürlichen Bedürfnisse befriedigen und so leben, wie es in Freiheit leben würde. Im Gegenteil sogar: Kinder sehen häufig ein falsches Bild von Tieren, nämlich verhaltensgestörte oder apathische Wesen, die hin- und herwippen, reglos daliegen oder sich selbst verstümmeln. Dann doch besser den Fernseher einschalten und „Die Wüste lebt“ gucken.
Tiere sind nicht für uns, sondern mit uns da
Was Kinder im Zoo lernen, ist also nicht, was einen Tiger oder einen Schimpansen ausmacht. Sie lernen stattdessen, welche Behandlung in unserer Gesellschaft als in Ordnung gilt. Ich liebe Tiere schon immer – trotzdem hat es 16 Jahre gedauert, bis ich dahintergekommen bin, dass die Gesellschaft falsch liegt. (Und das, obwohl meine Eltern nicht gerade oft in den Zoo mit mir gingen.) So stark war in mir verankert, dass es okay sei, Tiere in Käfige zu stecken. Ich hatte oft genug gesehen, wie Menschen mit fröhlichen Mienen davorstehen – wie konnte ich also ahnen, dass daran etwas falsch ist? Wäre es nicht besser, Kindern zu vermitteln, dass man fühlende Lebewesen mit Respekt behandelt?
2. Artenschutz und Zoos
Kommen wir zum Artenschutz, denn dieser Punkt interessiert laut meiner Umfrage die meisten.
Meine Meinung ist ganz klar: Wer wirklich etwas für den Artenschutz tun will, findet andere Wege statt sich ein Zooticket zu kaufen. Pro Wildlife setzt sich zum Beispiel für Tierarten ein, die vom Aussterben bedroht sind. Den WWF kennt auch jeder. Mir kommt es manchmal so vor, dass Menschen nur ihre eigenen Zoobesuche rechtfertigen wollen und die Existenz von Zoos deshalb wiederum mit dem Artenschutz zu rechtfertigen versuchen.
Sieh dir ruhig einmal die Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten und dann die Tiere in Zoos an: Die Übereinstimmung ist nicht sehr groß. Der Grund ist der, dass Zoos den Fokus auf besonders charismatische Tiere legen – und das sind nun einmal Tiger, Elefanten und Co. Amphibien, von denen 40 Prozent vom Aussterben bedroht sind, will doch fast keiner sehen, wenn er in den Zoo geht.
Artenschutz bedeutet, Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu schützen.
Ein Tier, das in Gefangenschaft geboren wurde oder schon sehr lange eingesperrt ist, kann nicht ausgewildert werden. Misslungene Versuche habe ich selbst in einer Wildtierauffangstation gesehen. Wie im ersten Punkt schon erwähnt, haben viele, vor allem große Tiere in Zoos keine Möglichkeit, ihre Instinkte auszuleben und elementare Bedürfnisse zu befriedigen. Natürliche Eigenschaften können nicht weitergegeben werden, wenn die Tiere seit Generationen schon in Gefangenschaft leben. Was hat ein Tiger dann noch mit einem Tiger in seinem wahren Lebensraum gemeinsam, wenn er nicht einmal weiß, wie man jagt?
Dem Tier ist es außerdem egal, ob seine Art ausstirbt – es hat noch nicht einmal eine Idee davon. Der Erhalt einer Tierart in Gefangenschaft nützt nur dem Menschen. Wer Tiere liebt, schützt sie um ihrer selbst willen – nicht für seine eigene Lust, sie sich anzusehen.
Natürlich gibt es einige Zoos, die sich wirklich für den Schutz gefährdeter Arten engagieren. Aber ist wegen dieser Handvoll das Einsperren so vieler Lebewesen zu rechtfertigen? (Das ist zwar eine rhetorische Frage, aber die Antwort ist nein.)
Geld für den Artenschutz könnte viel besser eingesetzt werden
Ja, Zoos geben von ihrem Budget einen kleinen Teil an Naturschutzprojekte ab. Fast alle deutschen Zoos erhalten insgesamt jedoch sehr viele Millionen Euro an Subventionen von den Städten. Das Aussterben so vieler Tierarten könnte eingedämmt werden, wenn diese vielen Steuergelder nicht in Zoos, sondern direkt in Artenschutzprogramme fließen würden. Zoos treiben damit aber lieber ihre Zuchtprogramme voran (die Tiere, die daraus entstehen, können niemals ausgewildert werden). Statt Geld für die Tigerzüchtung auszugeben, könnten etwa Wildhüter bezahlt werden, die die natürlichen Lebensräume der in Freiheit lebenden Tiger schützen. Wäre das Geld dort nicht besser angelegt?
Dazu kommt, dass die Kosten für ein Tiger-Gehege in einem deutschen Zoo unglaublich viel höher sind als die, die ein Wildhüter verursachen würde. Und dieser Wildhüter könnte nicht nur einen, sondern viele Tiger schützen. Anders gesagt: Für weniger Geld könnten mehr Tiger geschützt werden – aber eben nicht in Deutschland, sondern am anderen Ende der Welt.
3. Überschuss
Dieser Punkt ging mir besonders unter die Haut, als ich 2014 erstmals davon las. Erinnerst du dich an die Giraffe Marius aus dem Kopenhagener Zoo? Er war erst eineinhalb Jahre alt, kerngesund und wurde trotzdem getötet.
Der Grund ist ganz simpel: Zoos züchten Tiere, damit die süßen kleinen Babys Besucher anlocken und die Medien darüber berichten. Unterbringen können sie aber nur eine bestimmte Anzahl. Was Überschuss ist, muss also weg. Da Marius sich nicht mehr fortpflanzen durfte, weil sein Genmaterial dem der anderen Giraffen zu sehr ähnelte, musste er laut Zooleitung umgebracht werden. Manchmal ist auch einfach der Platzmangel das Problem. Und Auswilderung kommt – wie oben beschrieben – nicht in Betracht.
Zoos beherbergen unglückliche Tiere.
Ich werde nie vergessen, wie ich das letzte Mal im Zoo war: Wir besuchten mit dem Bio-Leistungskurs der zwölften Klasse die Wilhelma in Stuttgart. Früher im Schuljahr hatte ich ein Referat über Bonobos (Zwergschimpansen) gehalten. Vor dem Schimpansengehege sollte ich nochmal etwas über die faszinierenden Menschenaffen sagen. Ich stand sprachlos da – der Unterschied zwischen den fröhlichen, cleveren Tieren aus meinem Referat und den traurigen Wesen hinter der Glasscheibe machte mich todunglücklich. Deshalb möchte ich diesen Beitrag mit dem für mich wichtigsten Grund beenden:
Kein Tier hat es verdient, eingesperrt zu werden, nur damit wir Menschen etwas zu gucken und in unserer Freizeit etwas zu tun haben.
Was du stattdessen tun kannst
Guck mit deinen Kindern schöne Bilderbücher an, zeige ihnen Urlaubsfotos von der Safari in Südafrika oder einen informativen Film. Besuch mit ihnen einen Lebenshof, auf dem gerettete Tiere leben. Es muss anders gehen als mit Tieren hinter Gittern – mit Dinosauriern schaffen wir es schließlich auch, und die hat sicherlich kein Kind jemals zu Gesicht bekommen.
Quellen: Peta, Deutscher Tierschutzbund, Zeit Online
Hi, ich bin Annette, freiberufliche Texterin. Hier schreibe ich über Tierschutz im Alltag – weil ich daran glaube, dass jeder Mensch glücklich leben kann, ohne durch seine Gewohnheiten anderen Lebewesen zu schaden.