Schafherde adoptiert: Wie ein Paar 24 Tieren ein neues Leben schenkte

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Alles begann mit dem Schaf Paula, das Cori und Matze herrenlos über den Weg lief. Seitdem hat das junge Paar eine ganze Schafherde vor dem Schlachter gerettet – der Anfang eines Lebenstraums.

Kaum betrete ich mit Cori die Weide, spitzt ein Koloss von einem Schaf in etwa 20 Metern Entfernung die Ohren und linst neugierig zu uns herüber. Er zögert nicht lange, erhebt sich von seinem schattigen Plätzchen und trottet uns entgegen. „Das ist Michl, unser Eisbrecher“, sagt Cori und krault ihn liebevoll hinter dem Ohr.

Michl und Corinna
(Quelle: Live and Let Live)

Ich strecke ihm meine Hand zum Beschnuppern entgegen, wie ich es bei fremden Tieren immer tue. Ich möchte schließlich keinen bedrängen. Michl gibt schnell sein Okay. Ich freue mich, dass er genauso wenig Berührungsängste hat wie ich, denn ich kann es kaum erwarten, mich mit den Schafen anzufreunden. Er weicht uns ab diesem Moment nicht mehr von der Seite und genießt die Aufmerksamkeit sichtlich – genauso wie ich seine.

Michl weiß alle Herzen für sich zu gewinnen, erfahre ich. Sein freundliches Wesen trug maßgeblich dazu bei, dass er heute ein Leben in Sicherheit führen kann. Wie es dazu kam, frage ich Cori, die hin- und herwirbelt, um jedes Tier zu begrüßen und zu checken, ob es allen gutgeht. Hunde aus dem Tierheim adoptieren, Katzen von der Straße aufnehmen, davon hört man jeden Tag. Corinna und Matthias aus dem Raum Heilbronn gingen jedoch einen riesigen Schritt weiter: Sie adoptierten eine ganze Schafherde – aus einem Bauchgefühl heraus.

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Carlo und Michl

Die Begegnung, die alles veränderte

Die große Verantwortung, die folgte, war keineswegs geplant. Doch manchmal sind es ungeahnte Begegnungen, die das komplette Leben umkrempeln. So auch das Aufeinandertreffen der beiden Tierfreunde mit Paula. Das Schaf stand 2014 mutterseelenallein auf ihrer Joggingroute. Ob Zufall oder Schicksal – Fakt ist, dass diese Begegnung sich für beide Seiten als großes Glück herausstellte. Corinna und Matthias machten sich auf die Suche nach dem zugehörigen Schäfer oder Besitzer des einsamen Tieres. Als sich keiner fand, entschieden sie, es in eine Herde aus dem Ort zu integrieren. Schafe sind schließlich nicht gerne allein, sondern leben in Gruppenverbänden. 

Fortan besuchten sie ihr Findelkind regelmäßig und nannten es Paula. Und so bauten sie nach und nach einen Bezug zur restlichen Herde auf, zu der Michl gehörte.

Zwei Jahre später sollten die Lämmer der Schafherde an Schlachter und Züchter verkauft werden. Ohne lange zu zögern trafen Cori und Matze die Entscheidung, die komplette liebgewonnene Herde zu adoptieren und den 24 Schafen damit ein neues Leben zu schenken.

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Muffin, Ella, Peter: Jedes Schaf hat einen Namen

Dass sie diesen riesigen Schritt nicht bereuen, merke ich Cori deutlich an. Mit strahlenden Augen beschreibt sie mir die Charaktere der 24 Tiere, die sie liebevoll ihre „Kinder“ nennt. Sie macht keinen Unterschied zwischen den Schafen und den Katzen, Hunden und Kaninchen, die sie zu Hause noch hat. Das Wort Nutztier hat hier nichts verloren. 

Idyllisch und friedlich ist es auf der momentanen Weide der wohl glücklichsten Schafherde der Welt. Die meisten sind mir gegenüber eher zurückhaltend und bleiben lieber im Schatten liegen. Das ist in Ordnung, denn schließlich ist heute ein heißer Tag. Außerdem hat jeder – ob Mensch oder Tier – das Recht darauf, in Ruhe gelassen zu werden, wenn ihm nicht nach Nähe ist. 

Ganz und gar nicht scheu ist dagegen Carlo: Mit freundlichem Gesicht trabt er auf mich zu und stupst mich an. Kaum gehe ich in die Hocke, um ihn ausgiebig zu kraulen, versucht er, auf meinen Schoß zu klettern. Als ausgewachsenes Kamerunschaf ist er zwar viel zu groß dafür, aber natürlich entschädige ich ihn mit jeder Menge Streicheleinheiten.

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Carlo, das Kamerunschaf

Arbeit, die glücklich macht

So sitzen Cori und ich also im Gras, jede mit der Massage eines Schafes beschäftigt, und reden über Weidewechsel, giftige Kräuter und die Klauenpflege. Dreimal täglich besuchen ist nämlich lange nicht die einzige Aufgabe, die das vegan lebende Paar seit der Adoption vor zwei Jahren erfüllt. Daneben müssen die Klauen gepflegt, die Weiden nach Giftpflanzen abgesucht und die Zäune instand gehalten werden. Alle paar Wochen wird die Weide gewechselt, um immer genügend Futter bereitzustellen. Und im Sommer muss die Wolle runter, damit die Tiere nicht unter der Hitze leiden. 

Nebenbei haben beide einen festen Job und den Plan, in Zukunft noch weitere Tiere aufzunehmen. Ihr kleiner Lebenshof mit dem passenden Namen Live and Let Live soll größer und für möglichst viele Tiere in Not ein sicheres Zuhause werden.

Hier wollen sie außerdem Aufklärung betreiben – nicht nur über ihre eigenen geretteten Tiere, sondern auch über die Vorteile einer Lebensweise, die komplett ohne tierische Produkte und Lebensmittel auskommt. Mit Informationen über die pflanzliche Ernährung und der Begegnung von Menschen mit Tieren, die nur für bestimmte Zwecke gezüchtet werden, wollen sie ein Umdenken in der Gesellschaft fördern. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Cori diesen Plan mit ihrem Mann erfolgreich in die Tat umsetzt. Selten habe ich einen Menschen getroffen, der so für eine Sache brennt und bereit ist, eventuelle Hürden zu überwinden. 

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Cori und Matzes mobiler Lebenshof

„Wir haben jedes einzelne Schaf ins Herz geschlossen“

Ob ihnen die Verantwortung und die Arbeit nicht hin und wieder zu viel werden, frage ich. Reisen, selbst mehrtägige Ausflüge sind wenn überhaupt nur mit viel Vorbereitung und Hilfe von außen realisierbar. Freie Tage ohne Verpflichtungen kennen sie nicht mehr. Die Antwort steht Cori aber schon ins Gesicht geschrieben, bevor sie sie ausspricht:

„Es ist viel, aber es ist niemals zu viel. Wir würden uns nie wieder umentscheiden, denn wir haben jedes einzelne Tier ins Herz geschlossen.“

Corinna von Live and Let Live

Als ich mich von Michl, Frieda, Mini und Co. verabschiede und Carlo nochmal ordentlich drücke, verstehe ich, was sie meint. Schafe, um ihrer selbst willen gehalten, machen genauso große Freude wie die weiter verbreiteten Haustiere Hunde oder Katzen. Und genauso verdient haben sie es sowieso.

Wenn du mehr über Cori, Matze und ihre Schafe erfahren willst, dann schau mal auf ihrer Webseite vorbei. Auch auf Instagram posten sie regelmäßig aktuelle Bilder und erzählen von ihrem Leben mit der Schafherde.

Bei ze.tt, dem Online-Magazin des Zeitverlags, habe ich ebenfalls einen Artikel über diese wundervolle Tierrettung veröffentlicht. Du findest ihn hier.

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