Der Film Earthlings – mehr Horror geht nicht

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Der preisgekrönte Film Earthlings ist schon einige Jahre alt – erst jetzt habe ich mich getraut, ihn anzuschauen. Finde ich ihn gut oder schlecht? Irgendwie beides.

Bevor ich ihn in voller Länge durchstand, hatte ich es zweimal versucht und beide Male nach wenigen Minuten abgebrochen. Zu viele zu schlimme Bilder. Jetzt bin ich froh, durchgehalten zu haben, weil sich meine Meinung dadurch noch mehr festigte.

Infos über fünf Bereiche der Tierindustrie

Ich beschäftige mich schon sehr lange damit, auf welche Arten Tiere genutzt werden und welche Auswirkungen das auf die Menschen und die Erde hat. Es gibt also kaum etwas, das ich noch nicht gesehen habe oder von dem ich nichts weiß. Der Film Earthlings war trotzdem aufschlussreich. Er handelt von „Erdlingen“, also allen Bewohnern dieser Erde, Menschen und Tiere gleichermaßen. Genauer gesagt geht es um die Herrschaft der einen (Menschen) über die anderen (Tiere). Der Film ist eine Anklage an die Menschen, die die Tiere für ihre Zwecke ausbeuten und dabei keinerlei moralische Grenzen einhalten.

Im Zuge dessen informiert Earthlings nicht nur über die Fleischindustrie, sondern auch über die vier Bereiche Pelz und Leder, Tierversuche, Haustiere sowie Tiere in der Unterhaltungsindustrie. Wer also noch neu in der Materie ist, erfährt gleich alles auf einmal. Und wird vor allem eins: aufgerüttelt. Den Film anzusehen ist, als ob dich jemand an beiden Schultern packt, durchschüttelt und dir ins Gesicht brüllt: „Wach endlich auf und mach Schluss mit dem Scheiß!“

Extreme Bilder lösen extreme Emotionen aus

Wie oben erwähnt, kann ich weder behaupten, dass der Film gut noch dass er schlecht ist. Er ist gut, weil er schlecht ist – das kommt noch am ehesten hin. Was man sieht, sind durch die Bank grausame Bilder, sonst nichts. Keine guten Gegenbeispiele, keine Ausnahmen, keine Verschönerungen. Der Zuschauer wird ohne Unterbrechung damit konfrontiert, was Menschen alles einfällt, um Tiere auszubeuten.

Das tut weh und bringt Übelkeit. Es macht wütend und traurig. Es löst Schuldgefühle aus und lässt keine andere Lösung zu als die, sich sofort zu hinterfragen und sein Verhalten radikal zu ändern. Man weiß zwar, dass solche Szenen wirklich geschehen, aber erst sie zu sehen, löst eine Regung aus.

Und genau das sehe ich als das Positive, wenn man bedenkt, was der Sinn des Films ist: Er will provozieren. Das schafft er zweifellos. Er will Emotionen auslösen, was er auch hinbekommt. Und er will in Erinnerung bleiben, sodass man beim nächsten Einkauf und bei der Freizeitgestaltung daran zurückdenkt.

Wie gesagt, man muss den Film Earthlings als das bewerten, was er ist: der übertriebene Versuch, uns Menschen die Augen zu öffnen. Übertrieben, weil er nur die grausamsten Szenen zeigt. Natürlich geht es in manchen Betrieben, in manchen Ländern und unter manchen Bedingungen anders zu. Aber haben Abweichungen irgendeine Bedeutung? Die Tierindustrie IST grausam – sie lässt Tiere auf die ein oder andere Art leiden, Punkt.

So oder so regt der Film Earthlings jeden auf

Wer sich sein Fleisch schönreden will, wird genügend Kritikpunkte an Earthlings finden. Man kann natürlich behaupten, die Szenen seien alle schon etwas älter und nicht in Deutschland gefilmt worden. Das stimmt, aber die Versicherung, dass genau so etwas nicht auch bei uns passiert, hat man nicht. Ohne Pause geschehen solche Grausamkeiten irgendwo auf der Welt. In Ländern wie Deutschland gibt es zwar relativ strenge Gesetze zum Tierschutz, aber jeder weiß, dass sie nur unzureichend eingehalten werden. Zudem gibt es viel zu wenige Kontrollen. Beweise dagegen, dass sehr vieles falsch läuft und gar nicht so sehr von den Szenen in Earthlings abweicht, gibt es wie Sand am Meer. Es gibt nicht nur Undercover-Aufnahmen, sondern auch unterirdische Preise, die allein schon Beweis genug sein müssten, dass was nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Kritik, dass zu viel Grausames gezeigt wird, ist meiner Meinung nach also nicht gerechtfertigt.

Warum auch sollten positive Beispiele dafür, wie es ebenfalls laufen kann, gezeigt werden? Ein liebevoller Hundehalter, ein vorsichtiger Schlachter oder eine schmerzfreie Art des Tötens hätten in dem Film nichts zu suchen, denn es geht nun einmal nicht um diejenigen, die gut zu Tieren sind. Es geht um die vielen, die es nicht sind – und noch wichtiger: um die, die nicht eingreifen, sondern die Augen davor verschließen. Earthlings will die Zuschauer zwingen, ihre Augen endlich zu öffnen und aktiv zu werden.

Provozierend statt sachlich

Die Menschen freundlich zu bitten, behutsam drauf aufmerksam zu machen oder ihnen die Fakten darzulegen, ist – denke ich – in den Augen der Produzenten nicht ausreichend. Und vielleicht haben sie recht, denn wenn es so wäre, dann wäre die Welt schon längst eine bessere. Schließlich weiß jeder, wie mit Tieren umgegangen wird. Berühren tut es dennoch zu wenige. Extreme Botschaften sind bei manchen Menschen der einzige Weg.

Wer offen dafür ist, seine Weltsicht zu überdenken, wird mit dem Film Earthlings einen starken Gedankenanstoß erhalten. Er wird darüber nachdenken, ob es richtig ist, dass der Mensch sich als höher gestelltes Wesen betrachtet. Er wird sich fragen, wie es dazu kommen konnte, dass fühlende Lebewesen als Ware behandelt werden, als ob sie nichts anderes wären und nur existierten, um etwas zu liefern.

Auch handwerklich ist der Film nicht schlecht gemacht: Ich mag die Musik und fand die Stimme des Sprechers (sowohl im Deutschen als auch im Original) sehr passend. Aber da ich fast ununterbrochen damit beschäftigt war, meine Gefühle in Schach zu halten, waren solche Dinge sehr nebensächlich für mich.

Abschließend also zusammengefasst: Der Film Earthlings ist nicht in dem Sinne gut, dass man ihn noch einmal sehen will. Er ist gut, weil er extreme Gefühle auslöst. Man bedenke, wie abgestumpft viele Menschen heutzutage doch sind und wie unreflektiert sie die Umstände der Welt hinnehmen. Unter diesem Aspekt ist dieses Extreme eine gute Gelegenheit, aus dem normalen Gedankentrott auszubrechen.

Übertrieben und manipulierend, aber dennoch wahr

Von Manipulation kann man meiner Meinung nach durchaus sprechen, angesichts der langen Reihe an wirklich barbarischen Bildern. Dann sollte man sich jedoch unbedingt auch fragen, wie es denn bei anderen Filmen ist. Trifft die Kritik der Manipulation nicht weitaus mehr auf die vielen sinnfreien Sendungen, Heile-Welt-Filme und Werbespots im normalen Fernsehprogramm zu?

Die Manipulation ist vor allem bei Werbung für Fleisch oder Milch (nur als Beispiele) deutlich sichtbar. Wenn glückliche Kühe auf saftig grünen Wiesen gezeigt werden. Wer das nicht sieht und den Film Earthlings als manipulierend bezeichnet, kommt meiner Ansicht nach nicht damit klar, dass an seinem Weltbild gerüttelt wird. Dann wird die Wahrheit als Manipulation empfunden und die „Boten“ dieser Wahrheit gelten als extrem missionierend. Fakt ist aber, dass die Szenen in Earthlings nicht gestellt, sondern echt sind. Vielleicht ist das ein oder andere nur einmal genau so passiert und dann nie wieder, wer weiß. Aber schon einmal ist zu viel, und die Sicherheit, dass es nie wieder passiert, gibt es nicht. Nur wer Bescheid weiß, kann aktiv werden. Deshalb ist der Film wichtig.

Übrigens ist Earthlings frei zugänglich. Du kannst ihn also jederzeit unter diesem Link angucken.