Quiekende Wasserschweine, freche Wollaffen und riesige Vogelspinnen: Volunteering mit Tieren war bei mir eine verrückte Erfahrung. Monate ohne Strom und mit einem Wasserfall als Dusche: Für Tiere nehm ich so einiges in Kauf.
Meine Freiwilligenarbeit in einer Tierrettungsstation in Südamerika liegt schon eine ganze Weile zurück (deshalb auch die miserable Qualität der Videos). Ich kann dir also nicht sagen, ob die Volontäre heute noch das Gleiche erwartet. Bestimmt wird es aber an vielen Stellen ähnlich ablaufen. Für mich und meine Einstellung zum Regenwald war die Zeit extrem wichtig, weshalb ich dir hier mehr darüber berichten möchte.
Volunteering mit Tieren in Ecuadors Regenwald
Zuerst einmal: Ich liebe Wälder. Ich bin unglaublich gerne im Wald unterwegs. Deshalb hat mich auch der Regenwald schon immer fasziniert. Also suchte ich gezielt nach einer Möglichkeit, eine Weile dort zu leben – und zwar nicht in irgendeiner Dschungel-Lodge, sondern richtig authentisch. Und da ich auch Tiere schon immer liebe, stieß ich auf den Amazoonico: eine Rettungsstation für Tiere des Regenwalds in Ecuador.
Um dort hinzukommen, musste ich von der nächstgrößeren Stadt namens Tena erst einmal zwei Stunden mit dem Bus tief in den Wald hineinfahren. Danach ging es eine halbe Stunde mit dem Kanu noch tiefer hinein – dann war ich angekommen. Nach einer kurzen Tour durch die ganze Station und meinem Einzug in eines der Zimmerchen im Volontärs-Haus ging es auch schon los. Die nächsten Wochen bestand mein Alltag als freiwilliger Helfer hauptsächlich aus Käfigputzen, Futter vorbereiten und Arbeiten rund um die Station.
Jede Menge exotische Tiere
Leider sind viele Tiere dort so verletzt oder traumatisiert, dass man sie nicht in die Freiheit entlassen kann. Mit manchen wird es aber aufwendig versucht. Zu meiner Zeit lebten dort zum Beispiel sechs Wollaffenkinder, die ausgewildert werden sollten. Dreimal täglich bekamen sie Milch, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Wenn einer der Volontäre laut „leche, leche, leche“ (spanisch für Milch) schreiend durch die Station lief, kamen schnell alle angehüpft und schlabberten ihm die Milch aus der Schüssel.
Fest in der Station lebten ansonsten noch unzählige Papageien, drei Klammeraffen, zwei Kapuzineraffen, ein paar Agutis, ein Tamarinäffchen, eine Boa, ein Jaguarundi namens Felix, drei Ozelots, Capybaras, Halsbandpekaris, ein Kaiman und ein Kinkajou. Daneben gab es viele Totenkopfäffchen, Wollaffen, Schildkröten und Nasenbären. Ihnen gefiel es so gut, dass sie immer da waren, obwohl sie in Freiheit lebten.
Nasenbär Tinka
Mein Freund, der Kapuzineraffe
Der Kapuzineraffe Baldo war für mich ein besonderes Tier. Er wurde von Geburt an als Haustier an einer Leine gehalten, weshalb er stark an den Strick um seine Hüfte gewöhnt war. Ohne sie fühlte er sich unsicher – selbst als er gerettet wurde. Er hatte eine super Konstruktion im Garten, die es ihm ermöglichte, sich in einem riesigen Umkreis zu bewegen, trotz Leine. Dennoch gingen wir Volontäre mehrmals täglich abwechselnd mit ihm spazieren, damit ihm nicht langweilig wurde.
Die Pflege der Tiere war in sogenannte Food Tours eingeteilt. So hatte jeder Volontär täglich andere Tiergehege zu erledigen. Jedes Gehege musste gründlich gereinigt werden, das nahm immer die meiste Zeit in Anspruch. Wer also denkt, er würde beim Volunteering mit Tieren nur schmusen und spielen, irrt sich!
Die Fütterung war immer ein besonders schönes Erlebnis, weil die Tiere entweder schon warteten oder aus den hintersten Ecken auftauchten. So konnte ich sie immer gut beobachten. Die Capybaras zum Beispiel, die größten Nagetiere der Welt, kamen laut quiekend aus dem Wasser, wo sie sonst den halben Tag vor sich hindösen. Ich war von Anfang an fasziniert, sehen sie doch aus wie überdimensionale Meerschweinchen. Und sie machen übrigens auch genau solche Geräusche.
Die Capybaras
Mein Ziehkind: Wollaffe Uspa
Nach etwa einem Monat wurde mir eine große Ehre zuteil: Ich durfte einen abreisenden Volontär in seiner Rolle als Ziehmutter für ein kleines Wollaffenbaby namens Uspa ablösen. Es hatte schon vorher Vertrauen zu mir gefasst, weil ich mich ab und zu mit ihm beschäftigt hatte. Von nun an bereitete ich morgens zuallererst die Milch für Uspa zu. Dann holte ich sie aus ihrer Box in der Quarantänestation, was sie genau genommen selbst erledigte:
So hing sie den ganzen restlichen Tag an mir dran. Mit ihr zusammen erledigte ich meine übrigen Aufgaben: Ich schleppte Bananenstauden und Kisten voller Papayas in die Futterküche, fegte die Wege und putzte Futtertröge. Natürlich war zwischendurch auch immer mal kurz Zeit, um sich auszuruhen, aber meist war es doch recht anstrengend und schweißtreibend.
Schweißtreibend, weil eben tropische Temperaturen im Regenwald von Ecuador herrschen. Dazu die Luftfeuchtigkeit! Wer sich wundert, warum ich in den Videos trotzdem mit langen Ärmeln herumlaufe: Die Moskitos hätten mich sonst aufgefressen. Und außerdem konnte die kleine Uspa so auch wunderbar an mir hochklettern:
Der Alltag beim Volunteering mit Tieren
Einmal pro Woche fuhr ich mit dem Kanu und dem Bus nach Tena, um meine E-Mails zu checken und zu skypen. Internet gab es im Amazoonico damals noch nicht. Übrigens hatten wir auch keinen Strom. Nach der Dämmerung (am Äquator schon gegen 18 Uhr) machten wir Volontäre uns Licht mit Kerzen. Darum hieß es nach der Arbeit auch immer schnell zum Wasserfall und duschen, solange man noch etwas sehen konnte. Ja, wir duschten uns unter dem Wasserfall, der sich nach einem kurzen Fußweg hinter ein paar Felsen auftat. Zwar gab es auch eine Dusche im Haus, aber das Wasser dafür war auch nur Regenwasser, weshalb fast jeder es beim Wasserfall schöner fand. Natürlich waren nur biologisch abbaubare Produkte erlaubt.
Jeden Abend waren jeweils zwei andere Volontäre mit Kochen an der Reihe. Wir waren immer etwa sechs bis zwölf Freiwillige aus der ganzen Welt, weshalb es spannend war, ständig verschiedene Gerichte zu probieren. Überhaupt war alles in diesen zwei Monaten unglaublich spannend und lehrreich: Ich weiß nun, dass ich mit einer Vogelspinne das Zimmer teilen kann. Ich kann ohne Strom überleben und bin körperlich viel stärker, als man mir ansieht. Ich weiß, was es bedeutet, keinen Kontakt zur Außenwelt zu haben.
Und ich weiß, dass es am anderen Ende der Welt eine Rolle spielt, was wir konsumieren, denn die voranschreitende Abholzung sieht man überall.
Der Regenwald verschwindet – und die Tiere mit ihm
Wenn es so weitergeht, wird es irgendwann keinen Lebensraum mehr für Tiere wie Baldo und Uspa geben. Ob für Fleisch, Palmöl oder Coltan – die Regenwälder auf der ganzen Welt leiden und werden immer kleiner. Sie sind weit weg von Deutschland, aber überhaupt nicht weit von deinem Einflussbereich. Wenn du ihn schützt, schützt du auch die Tiere (und die Menschen), die darin leben.
Also überdenke bitte deine Gewohnheiten, sieh dich nach Alternativen zu Produkten um, die die Abholzung vorantreiben (geht gut mit Codecheck), und gib den Stimmlosen deine Stimme.
Hi, ich bin Annette, freiberufliche Texterin. Hier schreibe ich über Tierschutz im Alltag – weil ich daran glaube, dass jeder Mensch glücklich leben kann, ohne durch seine Gewohnheiten anderen Lebewesen zu schaden.